Data-Science-Expertin der ersten Stunde

Prof. Dr. Sarah Detzler ist neue Professorin an der DHBW Mannheim

Ihre erste Liebe und seither längste (außerfamiliäre) Beziehung: Mathe und Zahlen. Im Alter von 6 Jahren war Prof. Dr. Sarah Detzler schon klar, dass sie einmal Mathematik studieren möchte. Und das tat sie dann auch – obwohl sie immer wieder mit dem Vorurteil konfrontiert wurde, dass das nichts für Mädchen sei. Ein Vorurteil, das weder in den 1990ern noch heute fundiert ist und negative Auswirkungen hat – für einzelne Individuen ebenso wie für die Wirtschaftskraft: Während Mädchen in der Schule meist besser in Mathematik sind als Jungs, entscheiden sich nur knapp 20 Prozent für ein Studium im MINT-Bereich. Verlorene Potenziale und "Nachteile für Beschäftigte, Innovation und die gesamte europäische Gesellschaft", wie es das Handelsblatt formuliert.

Dass ein Studium und eine Karriere in Mathe, Informatik und Co. sehr wohl das Richtige für Frauen sein kann, zeigt der erfolgreiche Werdegang von Prof. Dr. Sarah Detzler. Statt von Vorurteilen ließ sie sich von Zahlen, Daten und deren Neutralität beeindrucken. So sehr, dass sie parallel zu ihrem Bachelor- und Master-Studium in Mathematik an der Universität des Saarlandes ein Physik-Diplom ablegte. Im Anschluss ging es mit einer Promotion in Angewandter Informatik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) weiter. Auch diese absolvierte die Stipendiatin der Stiftung der deutschen Wirtschaft nicht eingleisig, sondern arbeitete zunächst als Software Entwicklerin und dann als Data Science Consultant bei der SAP SE – ihrer anschließenden Arbeitgeberin. Von 2017 bis 2023 unterstützte sie als Competence Lead Data Science and Machine Learning Kunden der SAP dabei, auf Basis von Daten die besten Unternehmensentscheidungen zu treffen. Seit November 2023 ist die Data-Science-Pionierin Professorin an der DHBW Mannheim und betreut Studierende in den Studiengängen Wirtschaftsinformatik sowie Data Science und Künstliche Intelligenz.

Herzlich willkommen an der DHBW Mannheim, Frau Prof. Dr. Sarah Detzler! Wie kam es dazu, dass Sie sich für eine Professur an der DHBW Mannheim entschieden haben?

Vielen Dank! Während meiner Zeit bei der SAP habe ich hauptsächlich im Technischen Vertrieb gearbeitet und Business-Prozesse mithilfe von KI und Machine Learning optimiert. Aber ich war dort auch für die Betreuung von Studierenden der DHBW und vom KIT verantwortlich. Ich habe bestimmt schon 50 Studierende bei ihrer Entwicklung begleitet. Eine der DHBW-Studentinnen war Christin Pohl, die ein Auslandssemester in Harvard verbracht hat und über die Sie auch schon berichtet haben. Sie hat mich damals hier an der Hochschule als Mathematik-Dozentin empfohlen, was mich sehr gefreut hat. So habe ich dann auch als externe Lehrbeauftragte in Mannheim angefangen. Mir hat die duale Hochschule mit ihrem Studienmodell sehr gut gefallen. Man hat hier nicht wie in anderen Universitäten eine Durchfallquote von 70 %. Die Lehre ist individuell und man hat eine tolle Mischung aus Theorie und Praxis. Außerdem bekommen die Studierenden nicht nach 5 Jahren einen Realitätsschock, wenn sie auf die Wirtschaft losgelassen werden – sie bekommen schon während des Studiums ein Bild davon und können sich beruflich orientieren. Da mir das gesamte Packet sehr gut gefallen hat und meine Studierenden und Kolleg*innen der DHBW mich dazu ermuntert haben, habe ich mich auf die ausgeschriebene Professur beworben – und hier bin ich nun.

Worauf freuen Sie sich bei Ihrer neuen Aufgabe? Haben Sie sich ein bestimmtes Ziel gesetzt?

Ich freue mich darauf, Studierende bei ihrer Entwicklung und beim Ausschöpfen ihrer Potenziale zu helfen. Frau Pohl, die damals bei der SAP ihren dualen Bachelor gemacht hat, ist ein tolles Beispiel, aber es gab auch einige andere, bei denen während der Studienzeit ein starker Fortschritt zu sehen war. Ein Baustein hierfür ist das Fragenstellen – bei mir dürfen alle Fragen gestellt werden.

Außerdem möchte ich für Studentinnen ein Rollenvorbild sein. Das habe ich in meiner Studienzeit vermisst und ich finde es traurig, dass die Gesellschaft damals noch nicht so weit war und auch heute noch Defizite hat. Jede Person sollte das machen, für das sie eine Leidenschaft hat – ohne, dass aufgrund des Geschlechts ein Riegel vorgeschoben wird.

Welche Veranstaltungen bieten Sie an, was kann man bei Ihnen lernen und was davon finden Sie besonders spannend?

Ich mag die Mathe-Grundlagen, denn bei nahezu allen Kursen ist die Dynamik unterschiedlich. Eine weitere Vorlesung ist KI und Moderne Konzepte für das 3. Studienjahr. Hier ist das Schöne, dass die Inhalte individuell auf die Interessen der Studierenden angepasst werden können – ich gebe nur den Rahmen vor. Hinzu kommen die Vorlesungen Optimierung und Energieinformatik. Zukünftig würde ich gern Hackathons mit den Studierenden umsetzen und Präsentationstrainings anbieten. 

Inwiefern können Studierende von Ihrem beruflichen und wissenschaftlichen Know-how profitieren?

Durch die Betreuung der Studierenden bei der SAP hatte ich die Brille der Unternehmensvertreterin auf, habe aber auch die Ansprüche und Wünsche von Professor*innen und Studierenden kennengelernt. Es ist für die Lehrtätigkeit sicherlich gut, für alle drei Perspektiven sensibilisiert zu sein. Rein inhaltlich habe ich ein großes Expert*innen-Wissen zu Data Science und KI. Ich weiß, was geht und wo die Grenzen liegen. Einer meiner Schwerpunkte lag auf der Energie-Informatik. Das ist ein zukunftsträchtiges Thema, mit dem sich viele meiner Studierenden in ihren Unternehmen beschäftigen werden, und ich kann ihnen hierzu viel Wissen vermitteln.

Dass Mathematik eine essenzielle Disziplin für Informatik, Wirtschaftsinformatik und Data Science ist, ist den meisten bekannt. Welche Vorteile brachte Ihnen bislang Ihr Physik-Studium?

Physiker*innen haben meistens die Eigenschaft, dass sie sehr strukturiert denken. Das schlägt sich positiv nieder, wenn man z. B. Daten auswertet. Für Modellierungen ist das ebenfalls hilfreich: Ich habe ein Problem und versuche es – strukturiert – zu beschreiben. Bei der SAP kam hinzu, dass dort Quantencomputing bereits eine wichtige Rolle spielt und mir die Physik als Kernkompetenz sehr dienlich war.

Haben Sie einen Tipp für ein erfolgreiches Studium?

  1. Don’t panic! Ruhig und dran bleiben, dann schafft man es auch.
  2. Explizit für Projekt- und Bachelor-Arbeiten: Behalten Sie den Fokus, denn hier geht es um Tiefe.

Gibt es etwas, das Sie Ihren Studierenden außerhalb der Lehre mit auf den Weg geben möchten?

Mit der SAP habe ich mal ein Video zu Women in Tech gedreht. Die Aussage aus dem Video ist mir immer noch sehr wichtig: Hören Sie nicht so sehr auf die Gesellschaft, sondern verfolgen Sie Ihre Leidenschaft und behaupten Sie sich auch gegen Widerstände. Ich bin der Meinung, es ist immer besser, Dinge selbst zu versuchen, als sich eine Entscheidung von anderen abnehmen zu lassen. Und für alle Mädchen oder jungen Frauen, die noch keine Studierenden sind: Haben Sie keine Angst vor den MINT-Fächern. Es gibt zahlreiche tolle Beispiele für Frauen, die sich z. B. für eine Karriere im Technologiesektor entschieden haben und sehr glücklich sowie erfolgreich sind.*

Würden Sie zukünftig gern forschen und wenn ja, in welchen Bereichen?

Die Möglichkeiten, im Bereich Data Science und KI zu forschen, sind sehr vielfältig. Aktuell stehe ich z. B. in Kontakt mit einem ehemaligen Studierenden, der promoviert und die Ausbreitung von Waldbränden auf Basis von Knowledge Graphen und KI untersucht. Ich bin gespannt, welche Themen seitens der Studierenden aus den Unternehmen in die Hochschule getragen werden. Perspektivisch könnte ich mir auch sehr gut vorstellen, im Bereich Energiemanagement zu forschen oder die Entwicklung von Women in Tech aus Datenseite zu betrachten.

Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?

Ich habe eine Familie mit 2 Kindern, dazu 2 Katzen, tanze gern Tango Argentino und Flamenco und stehe auf Nerd-Themen wie Star Wars.

Vielen Dank und alles Gute, Frau Prof. Dr. Detzler!

 

*Eine Community für Studentinnen in der Technik und Informatik hat sich an der DHBW Mannheim durch das regelmäßige TechCafé entwickelt. Neue Studentinnen sind jederzeit herzlich eingeladen – es warten Austausch, Vernetzung und spannende Coaching-Impulse u. a. zur Persönlichkeitsentwicklung.