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"Immer den Menschen sehen"
Prof. Dr. Johannes Börner im Gespräch
Ja, auch Partys können die eigene Karriere voranbringen. So war es zumindest bei Johannes Börner. Dort erfuhr er über seine Frau, die wiederum mit Prof. Dr. Nicole Möhrings Bruder bekannt ist, von einer freien Regelungs-und-Steuerungstechnik-Dozentur im Studiengang Elektrotechnik an der DHBW Mannheim. Das passte prima, denn zu diesem Zeitpunkt wurde auch an der TU Darmstadt am neuen Lehrstuhl "Energy Information Networks & Systems Lab (EINS)" von Prof. Dr. Florian Steinke eine Promotionsstelle frei. Auf beides bewarb sich Herr Börner und wurde genommen. Das war 2017. Seitdem lehrte er an der DHBW Mannheim als externer Dozent und promovierte parallel dazu zu Resilienz von verteilten Systemen. Dabei ging er der Frage nach, wie Stromnetze aufgebaut sein müssen, um auch bei Angriffen – sei es durch Wettereinflüsse oder Cyber-Attacken – gut und sicher zu funktionieren. Seit 1. April 2022 hat er beide Füße in der DHBW Mannheim: Die Promotion ist abgeschlossen und die Stellenausschreibung für die Elektrotechnik-Professur, die er nun bekleidet, passte wie angegossen. Was er in seine Lehre einfließen lässt, ist nicht nur seine Elektrotechnik-Expertise und sein wissenschaftliches Know-how aus der Hochschulzeit, sondern auch sein Wissen und Erfahrungsschatz aus 12 Jahren bei der Bundeswehr.
Herr Prof. Dr. Börner, bis 2017 haben Sie bei der Bundeswehr studiert und gearbeitet. Welche Stationen waren dabei?
An der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) ist das Studium integraler Bestandteil der Offiziersausbildung; es hat also Ähnlichkeiten mit dem dualen Studienmodell. Und so habe ich von 2005 bis 2015 als Fernmeldeoffizier gedient und an der UniBw von 2008 bis 2012 meinen Bachelor und meinen Master in Elektrotechnik und Informationstechnik gemacht. Danach war ich zunächst stellvertretender Kompaniechef im Luftlande-Fernmeldebataillon der Division Spezielle Operationen und dann wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UniBw M. Von 2015 bis 2017 habe ich mich auf die Wissenschaftliche Mitarbeit am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik der UniBw konzentriert.
Dann kam die externe Lehrtätigkeit an der DHBW Mannheim im Studiengang Elektrotechnik. Sie hatten also schon Gelegenheit, die DHBW Mannheim kennenzulernen, bevor Sie am 1. April 2022 Ihre Professur antraten. Was hat Ihnen an der Ausschreibung und an unserer Hochschule gefallen, sodass Sie sich für die Stelle entschieden haben?
Die ausgeschriebene Professur hat einfach total gut gepasst – ich hatte das Gefühl, dass genau mein Profil gesucht wird. Wie kann man sich da nicht bewerben? Außerdem kannte ich durch die Lehrtätigkeit an der DHBW Mannheim und an der UniBw unterschiedliche Studierenden-Typen. Die dualen Studierenden waren viel selbstständiger und gewissenhafter – was von ihnen nach dem Studium an Reife erwartet wird, liefern sie schon währenddessen. Im Laufe der 3 Jahre entwickeln sie sich natürlich weiter und sind so bei ihrem Bachelor-Abschluss deutlich gefestigtere Persönlichkeiten. Die Zusammenarbeit mit ihnen war auch, worauf ich mich am meisten gefreut habe. Wir als Lehrende sind schließlich für die Studierenden da und ich empfinde es als sehr erfüllend, jungen Menschen etwas Sinnvolles mitzugeben. Ein weiterer Punkt, der mir an der DHBW Mannheim gut gefällt, ist die horizontale Vernetzung der Kurse. Im 1. Jahr studieren alle Elektrotechnik-Studierenden gemeinsam, erst ab dem 2. Jahr beginnt die Differenzierung je nach Studienrichtung. Ich lehre also in allen Studienjahren und allen Studienrichtungen der Elektrotechnik, auch in der Medizintechnik halte ich Vorlesungen.
Auf welche Inhalte konzentrieren Sie sich in der Lehre?
Dazu gehören u. a. Grundlagen der Regelungstechnik. Diese ist eigentlich ziemlich abstrakt, aber wir nutzen mathematische Modelle, um sie zu beschreiben. Stellen Sie sich mal vor: Glühwürmchen sind wie Oszillatoren. Sie können sich so synchronisieren, dass es nachts taghell wird. Und genau solche Phänomene können wir mathematisch beschreiben – das zu vermitteln, macht mir besonders viel Freude.
Inwiefern können Studierende von Ihrem beruflichen und wissenschaftlichen Know-how profitieren?
Ich denke, sie profitieren sehr stark von meiner Zeit bei der Bundeswehr. Als Offizier*in ist man Führer*in, Erzieher*in und Ausbilder*in. Man hat die fachliche, aber auch die soziale Kompetenz, um Ingenieur*innen adäquat auszubilden, die selbst zukünftig verantwortungsvolle Tätigkeiten übernehmen sollen. In der Zeit habe ich auch ein gutes Gespür dafür bekommen, wann es nötig ist, Wissen einzubringen und eine Richtung vorzugeben und wann es besser ist, lockerzulassen bzw. zu delegieren und damit anderen das nötige Vertrauen zu schenken. Gerade was die soziale Komponente betrifft, ist die Bundeswehr sehr modern. Man sieht hier nicht nur die Funktion einer Person, sondern den ganzen Menschen.
Stark geprägt hat mich auch eine Persönlichkeit, deren Handeln mir wieder stärker ins Bewusstsein getreten ist, seit ich Professor an der DHBW Mannheim bin. Während meiner Studienzeit hatte ich einen wissenschaftlichen Mitarbeiter an der Universität – er war theoretischer Physiker und hätte sehr gut in The Big Bang Theory mitspielen können – der jede meiner Fragen ernst genommen hat. Durch ihn habe ich 2 Dinge verinnerlicht: Erstens: Man muss sich für seine Studierenden Zeit nehmen, dann macht einem der Job viel mehr Spaß. Und zweitens: Manchmal muss man den Mut haben, die Gleichung hinzuschreiben und herzuleiten. Das erfordert Durchhaltevermögen – und ist selbstverständlich auch für unsere Studierenden eine wichtige Eigenschaft.
Haben Sie einen Tipp für ein erfolgreiches Studium?
Mein eigenes Studium ist mir leichter gefallen, als ich gemerkt habe, dass ich nicht in jedem Fachgebiet gut sein muss, sondern dass ich mich auf die Dinge konzentrieren kann, die mir liegen.
Gibt es etwas, das Sie Ihren Studierenden außerhalb der Lehre mit auf den Weg geben möchten?
Sehen Sie immer den Menschen – man weiß nie, was innen los ist!
Würden Sie auch gern forschen, und wenn ja, in welchem Bereich?
Zunächst einmal möchte ich mich auf die Lehre konzentrieren und meine Vorlesungen gut vorbereiten. Sobald ich Kapazitäten frei habe, würde ich inhaltlich gern an meine Dissertation anknüpfen. Hier würde ich weiterhin darauf eingehen, was Systeme resilient macht. Ich finde das Thema sehr spannend, weil es um mehr geht, als um robuste Systeme. Und es geht über die dynamischen Eigenschaften eines Systems hinaus. Nehmen wir z. B. das Stromnetz. Es ist allmählich gewachsen. Es gab große Kraftwerke und von diesen aus wurde der Strom vertikal an die Verbraucher*innen verteilt. Durch die erneuerbaren Energien und viel mehr kleinere Erzeuger hat sich die Situation verändert. Bisher wird nach Lösungen für die Speicherung gesucht, doch ich denke, da müsste man noch weiterdenken. Speicher stellen nur die alte Trägheit riesiger Generatoren wieder her, aber moderne Systeme der Leistungselektronik erlauben z. B. dynamische Reaktionen in enorm kurzen Zeitskalen. Oder lokale Inselnetze durch erneuerbare Energien. Da können wir noch besser werden! Wie? Das möchte ich erforschen.
Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Ich verbringe sehr gern Zeit mit meiner Familie. Mit meiner Frau gehe ich z. B. gern wandern. Oder wir nehmen an Hindernisläufen teil. Zu den bekanntesten hier in der Region gehört z. B. der Muddy Angel Run Mannheim, der allerdings nur für Frauen ist und im Juli stattgefunden hat. Wir freuen uns aber darauf, nächstes Jahr endlich wieder gemeinsam mehrere Tough Mudder laufen zu können.
Vielen Dank und alles Gute, Herr Prof. Dr. Börner!