Bringt Klarheit und neue Sichtweisen

Neuerscheinung "Einfach Controlling" von Prof. Stefan Hilbert

"Der direkte Praxisbezug ist ein Argument, warum ich für unser Modell noch immer brenne. Das Akademische auf die Praxis herunterbrechen und so zu übersetzen, dass der Mehrwert und die Anwendung deutlich werden, das finde ich total spannend."

Als Prof. Stefan Hilbert 2021 sein Buch "Behavioral Finance" veröffentlichte, war das seine Antwort auf die Frage, was ihn an der DHBW begeistert. In seinem neuesten Lehrbuch im Kohlhammer Verlag "Einfach Controlling – Eine praxisorientierte Darstellung in Zeiten von Komplexität und Nachhaltigkeit" erleben Leser*innen erneut, was Prof. Hilbert täglich an der Dualen Hochschule vermittelt: Einen spannenden Mix aus Theorie und Umsetzung in der unternehmerischen Praxis. Auf 254 Seiten beschreibt er klar und leicht verständlich die grundlegenden theoretischen und instrumentellen Inhalte des Controllings. Dabei behandelt er praktische Anwendungsfragen und verdeutlicht anhand eines durchgehenden Beispiels, wie das Management durch Controlling unterstützt werden kann.

Warum er es geschrieben hat, für welche Zielgruppe und welche Relevanz Nachhaltigkeit für das Controlling hat, verrät der Studiendekan und Studiengangsleiter in BWL - Finanzdienstleitungen in unserem Gespräch.

Herr Prof. Hilbert, was hat Sie dazu bewegt, dieses Buch zu schreiben?

Wenn man über viele Jahre in der Lehre ist und, wie in meinem Fall, Erfahrung aus mehr als 10 Jahren Controlling in unterschiedlichen Unternehmen mitbringt, entwickelt sich auch eine eigene Herangehensweise an die Themen und diese ist in das Buch eingeflossen. Ich stelle immer wieder fest, dass häufig Unverständnis gegenüber dem Controlling und den dort Beschäftigten besteht. Von Kontrollinstanz über Zahlenknecht bis hin zu grauer Eminenz ist alles dabei. Da wollte ich meine Ansicht, wie praktisches Controlling funktionieren kann, darstellen. Und letztlich hat es mir auch einfach sehr großen Spaß gemacht, das Buch zu schreiben.  

Handelt es sich dabei um ein reines Lehrbuch für Studierende der Wirtschaftswissenschaften?

Primär habe ich das Buch für meine Studierenden geschrieben. Es soll aber auch dazu beitragen, dass Praktiker*innen aus der Wirtschaft und Lehrende Anregungen für Steuerungs- und Lenkungsfragen von Unternehmen erhalten.

Worin unterscheidet es sich von anderen Titeln dieser Art?

Ich habe mit einfachen, durchgängigen Fallbeispielen eines Musterunternehmens die einzelnen Aspekte möglichst griffig und praktisch dargestellt. Es sind also nicht nur Einzelbeispiele zur Verdeutlichung von Themen aufgeführt, vielmehr bildet das fiktive Unternehmen 'SchlaGu GmbH' mit seinen im Unternehmensalltag anfallenden Fragestellungen die praktische Klammer. Und dann richte ich das Controlling an der Entscheidungsproblematik des Managements aus. Daher auch der Bezug zur Verhaltensökonomie, denn wir können nicht immer davon ausgehen, dass in Unternehmen nur unter rationalen Gesichtspunkten entschieden und gehandelt wird. In allen Institutionen bzw. Unternehmen handeln Menschen, da gibt es viel Potenzial für Schlamassel.

Welcher Aspekt liegt Ihnen besonders am Herzen?

Es sind insbesondere drei Anliegen, die ich mit diesem Buch verfolge:

Erstens: Das Vorurteil, dass Controlling gleich Kontrolle sei, ist weder zeitgemäß noch trifft es den Kern des Controllings. Eine Bedeutung von 'to control' lautet zwar 'kontrollieren', aber eben auch 'steuern / lenken'. Die Beschränkung auf den Kontrollaspekt greift zu kurz. Controlling soll dazu befähigen, die Steuerung und Lenkung zu unterstützen oder überhaupt erst zu ermöglichen. Natürlich gehört auch die Kontrolle zu jeder Steuerung bzw. Lenkung dazu. Wenn ich z. B. in den Urlaub fahre, kontrolliere ich ja auch, ob ich nichts vergessen habe oder ob ich richtig fahre, um auch an meinem Zielort anzukommen. Ich brauche also einen Plan, benötige Informationen, kontrolliere und tausche mich mit meinen Mitreisenden aus. Das ist letztendlich auch Controlling, wir nennen es nur nicht so.

Zweitens: Controlling ist sehr vielschichtig, es gibt viele Controlling-Ansätze und -Instrumente. Nicht jedes Instrument ist für jedes Unternehmen geeignet. Mit Blick auf das Lernen und den Umgang mit Komplexität ist mir wichtig, dass der Kommunikationsfunktion des Controllings eine besondere Bedeutung zukommt. Das Controlling kann bzw. soll Auslöser für den Austausch im Unternehmen sein, um mit Störungen oder komplexen Sachverhalten besser umgehen zu können. Ohne Scheu und ohne Schuldzuweisungen, um eben auch aus Fehlern zu lernen.

Drittens: Ich möchte dazu anregen, über Steuerbarkeit nachzudenken. Denn wir nähern uns vielen Problemen nach wie vor mit rationalem Ingenieursdenken. Wir glauben häufig, mit vielen Informationen zu guten Lösungen zu gelangen. Das funktioniert auch, wenn wir etwa mit komplizierten Sachverhalten konfrontiert sind. Beispielsweise ist eine Maschine kompliziert, kann in Einzelteile zerlegt und die Funktionsweise verstanden werden. Die Maschine wurde auch dazu konstruiert, um immer das gleiche Ergebnis hervorzubringen. Wenn es eine Störung gibt, analysiert man das Problem, tauscht das defekte Bauteil aus und die Maschine funktioniert wieder. Bei Unternehmen, Märkten oder der ökologischen Umwelt handelt es sich aber um soziale Systeme. Derartige Systeme sind wegen der Vernetzung und Interaktion der Systemelemente komplex, da kann es vielfältige Überraschungen geben. Technologische Entwicklungen, globale Lieferketten oder z. B. der Klimawandel führen dazu, dass die Vernetzung zunimmt und das Zusammenwirken komplexer wird. Das betrifft dann auch die Steuerung bzw. Lenkung von Unternehmen. Bei solchen Sachverhalten braucht es dann beispielsweise vernetztes Denken oder die Mustererkennung. Ich kann verstehen, dass viele Menschen einfache Lösungen für aktuelle Probleme im oder außerhalb von Unternehmen haben wollen, das funktioniert aber bei wirtschaftlichen oder ökologischen Fragen in einer global-vernetzten Welt nun einmal nicht.

Sie lassen es hier anklingen und bereiten die Leser*innen im Titel des Buches konkret darauf vor, dass Nachhaltigkeit darin eine Rolle spielt. Welche genau?

Nachhaltigkeit ist ein weiterer zentraler Themenbereich in dem Buch, da sie ein Komplexitätstreiber ist. Nachhaltigkeit bezieht sich auf ökologische, soziale sowie auf ökonomische Aspekte im Sinne einer guten Unternehmensführung. Das ist nicht immer einfach zu handhaben und dennoch muss damit umgegangen werden. Da bewegt sich die Steuerung bzw. Lenkung im Unternehmen immer auch im Spannungsfeld zwischen Pflicht und Kür: Pflicht, da der Gesetzgeber immer klarere Vorgaben zu Nachhaltigkeit (ESG: Ecology, Social, Governance) für Unternehmen aufstellt und daraus der Rahmen für Entscheidungen im Unternehmen gesetzt wird. Kür, da nachhaltiges Wirtschaften für viele Unternehmen schon lange eine Selbstverständlichkeit ist und für immer mehr Unternehmen zur Selbstverständlichkeit wird. Da kann man über das gesetzlich Geforderte hinaus mehr machen und ein Unternehmen entsprechend anders steuern bzw. lenken, um sich z. B. Marktchancen zu erschließen. Also ohne Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsthemen macht auch die Beschäftigung mit Controlling meiner Meinung nach keinen Sinn.

Inwieweit finden sich Nachhaltigkeits-Aspekte auch im FDL-Lehrplan wieder?

Das Thema Nachhaltigkeit ist sehr prominent im Lehrplan der Studienrichtung Finanzdienstleistungen verankert. Ich habe hierzu vor gut zwei Jahren mit ‚Sustainable Finance‘ ein eigenes Wahlmodul mit 50 Unterrichtseinheiten konzipiert. Damit tragen wir inhaltlich auch der Nachhaltigkeitsstrategie der EU Rechnung, da der Finanzsektor einer der Haupthebel für die Transformation in Europa ist. Sparkassen, Volksbanken und allgemein Finanzdienstleister müssen beispielsweise aktuell bereits über ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen berichten. Aus der Kapitalanlage kennen wir das schon, da in der Beratung nachhaltige Finanzanlagen angesprochen werden müssen. Darüber hinaus betrifft das auch die Kreditvergabe für Unternehmen durch Banken, da die Kapitalströme immer mehr in Richtung nachhaltiger Geschäftsmodelle gelenkt werden sollen. Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit nicht im Sinne der Nachhaltigkeitsdefinition der EU (Stichwort: Taxonomie) ausrichten, werden bei der Finanzierung über den Kapitalmarkt zukünftig Probleme bekommen. Studierende meiner Studienrichtung müssen dies natürlich wissen. Nachhaltigkeitsinhalte sind also bereits im Lehrplan verankert und werden mit der Weiterentwicklung der Lehrinhalte eine immer größere Bedeutung erhalten.

Vielen Dank und alles Gute, Herr Prof. Hilbert!