Wie könnten Produkte von morgen aussehen?

Workshop bei der Phantastischen Bibliothek Wetzlar

Unternehmen auf ungewöhnlichen Wegen in ihren Innovationsprozessen zu unterstützen, ist in Wetzlar seit 2004 das Anliegen der Sektion „Future Life“. Im Zusammenhang mit dem seit Oktober 2019 vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projekt „Produkte und Produktionsprozesse der nahen Zukunft“ lud die Sektion Anfang März Kooperationspartner aus Wirtschaft und Wissenschaft zu einem Workshop in die Phantastische Bibliothek Wetzlar ein, um sie mit ihren Methoden vertraut zu machen: Unter der Leitung von Initiator Thomas Le Blanc werden hier im Team Zukunftsideen aus der Science-Fiction herausgelesen und thematisch in Szenarien aufbereitet. Der besondere Wert dieses Ansatzes liegt darin, dass Firmen auf diese Weise nicht nur Informationen über technische Produkte und deren Entwicklung erhalten, sondern durch die Einbettung der technischen Innovationen in einen Handlungsrahmen auch einen Einblick in die zu erwartende soziale Akzeptanz bekommen können. Die DHBW Mannheim – seit Mai 2019 Kooperationspartner der Sektion „Future Life“ – wurde durch Prof. Dr. Kai Focke vertreten, welcher auch eine der nachmittäglichen Sessions während des Workshops leitete.

Zukunftsforschung diskutieren und Zukunftswelten schaffen mit Telekom, Evonik Industries und Co.

In diesem ersten großen Workshop des bis März 2021 laufenden EFRE-Projekts, das Partner aus ganz Deutschland in einen außergewöhnlichen Dialog bringt, kamen jetzt Vertreter*innen der kooperierenden Firmen in Wetzlar zusammen, um bereits bestehende Ideen zur Zukunftsforschung auszutauschen, bevor sie in einen kreativen Prozess des Worldbuilding eintauchten.
Nach einer Einführung durch Projektleiterin Klaudia Seibel sprachen Stefan Kohn von der Deutschen Telekom Service GmbH und Björn Theis, Head of Corporate Foresight der Evonik Industries nicht nur darüber, wie in ihren Firmen über Kunden der Zukunft geforscht wird, sondern stellten auch in Beispielen dar, wie sie die Science-Fiction bereits als Kreativimpulse in ihrer Arbeit nutzen. Die Münchener Science-Fiction-Autorin Theresa Hannig erklärte in ihrem Vortrag, wie schöpferische Weltentwürfe funktionieren und wie diese Raum für neue Ideen schaffen können. 
Der Nachmittag stand ganz unter dem Motto der hier erlebten Kreativität: In 4 verschiedenen Szenario-Sessions waren die Workshop-Teilnehmer*innen gefordert, sich unter bestimmten gegebenen Aspekten eine Zukunftswelt vorzustellen und ihre eigenen Themen und Fragestellungen in dieses Szenario miteinzubringen. So entstanden facettenreiche Entwürfe zur künstlichen Intelligenz, Smart Cities und dem Modell einer rückverstaatlichten Ressourcenverwaltung, die nun in einem nächsten Schritt von Autor*innen zu Kurzgeschichten weiterverarbeitet werden. 

Gefragte Expertise auch in der Bundesregierung

Dass sich die Science-Fiction-Literatur wie kaum eine andere geradezu dazu anbietet, Firmen einen solchen neuen Blick auf ihre Produkte und Produktionsprozesse zu bieten, ist ein Ansatz, den Thomas Le Blanc von der Phantastischen Bibliothek Wetzlar mit der Sektion „Future Life“ schon länger verfolgt. Dass er deshalb in den vom Forschungsministerium eingesetzten Zukunftsrat in Berlin berufen wurde, um die Bundesregierung zu Zukunftstrends zu beraten, bestätigt den ehemaligen Mathematik- und Physiklehrer.
Allein ist er mit seinem Ansatz übrigens nicht. Auch in den USA arbeiten Institutionen bereits mit dieser Kreativtechnik – so nutzen zum Beispiel auch das United States Marine Corps oder Visa die Ideen der Zukunftsliteratur.