Niemand bleibt auf der Strecke!

Digitale-Medien-Professorin Dr. Zeynep Tuncer im Gespräch

Ihr beruflicher Werdegang liest sich wie eine Anleitung zum dualen Leben. Und das ist nur einer der Gründe, warum Prof. Dr. Zeynep Tuncer genau die Richtige ist, um als Professorin an der Dualen Hochschule Studierende zu begleiten. Auf ihrem eigenen Weg war Stillstand keine Option – nicht zuletzt, weil sie häufig viele Hindernisse zu überwinden hatte. Daraus entstand ein Lebenslauf, der mit einer breiten Palette an Erfahrungen in der akademischen Ausbildung, Industrie und Forschung gespickt ist.

Dazu gehört ein Diplomabschluss in Ingenieur-Informatik sowie einen Masterabschluss in Barrierefreie Systeme - Intelligente Systeme, eine berufliche Karriere in verschiedenen internationalen Unternehmen, darunter BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, Daimler AG, Ford-Werke GmbH und John Deere GmbH & Co. KG, wo sie fünf Jahre lang als Entwicklungsingenieurin und Usability Expertin tätig war. Parallel zu ihrer industriellen Tätigkeit hat sie extern zum Thema "Usability of Agricultural Engineering" erfolgreich promoviert und mehrere Patente eingereicht. Anschließend war sie Geschäftsführerin eines DFG-finanzierten Sonderforschungsbereichs an der Technischen Universität Darmstadt und lehrte international in Canada und der Türkei. Ihre letzte Station war von 2019 bis 2023 die Wilhelm Büchner Hochschule, wo sie die Studiengangsleitung für Medieninformatik, Digitale Medien und Mensch-Computer-Interaktion (MCI) innehatte. Seit 1. Januar 2023 ist die Saarländerin und ehemalige deutsche Junioren-Meisterin im Kickboxen an der DHBW Mannheim Professorin in der Studienrichtung Digitale Medien sowie Leiterin des neuen Medienlabors.

Herzlich willkommen an der DHBW Mannheim, Frau Prof. Dr. Zeynep Tuncer! Warum haben Sie sich für eine Professur an der DHBW Mannheim entschieden?  

Ich bin seit 2019 als Professorin tätig und war zuletzt an einer privaten Fernhochschule angestellt, die leider keine klassischen Vorlesungen anbot. Da mir der direkte Kontakt zu den Studierenden gefehlt hat, habe ich zusätzlich zu meiner Tätigkeit Lehraufträge angenommen. Darunter war auch einer an der DHBW Stuttgart, wo ich Ende 2021 die Vorlesung "Interaktive Systeme" halten durfte. Dabei konnte ich hautnah erleben, mit welchem Engagement und Teamgeist die Studierenden bei der Sache sind, was mich außerordentlich beeindruckt hat. Im Berufungsverfahren für die Mannheimer Stelle hat mich die Professionalität der Kolleg*innen sehr angesprochen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich leider auch schon ganz andere Bewerbungsverfahren erlebt, in denen ich mit starken Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert wurde, was soweit ging, dass ich die Bewerbung von mir aus zurückzog. Seit 1. Januar bin ich hier: Die warme Aufnahme durch meine Kolleg*innen, die mich ohne Ausnahme mit einem Lächeln und einer Umarmung empfangen haben, verstärkt meine Freude über diese neue Herausforderung. Es ist äußerst ermutigend zu spüren, dass beide Seiten diese Zusammenarbeit gleichermaßen wünschen und wertschätzen.

Was ist für sie das Besondere an unserer Hochschule?

Ich schätze die DHBW Mannheim nicht nur für ihre renommierte akademische Exzellenz und das Ausbilden der zukünftigen Führungspositionen, sondern auch für ihre einzigartige Kultur der Zusammenarbeit und Innovation. Besonders beeindruckt mich die Vielfalt des Studienangebots und die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis, die den Studierenden ein umfassendes und praxisnahes Lernerlebnis bietet.

Darüber hinaus schätze ich die offene und unterstützende Atmosphäre an der DHBW Mannheim, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, ihre volle Leistungsfähigkeit auszuschöpfen und kontinuierlich zu wachsen. Ich bin überzeugt davon, dass die Zusammenarbeit mit meinen Kolleg*innen sowie den Studierenden an dieser Hochschule bereichernd sein wird. Sie wird meine persönliche und berufliche Entwicklung fördern und zu einem erfolgreichen Bildungsauftrag der DHBW Mannheim beitragen.

Welche Veranstaltungen bieten Sie an?

Aktuell halte ich Vorlesungen zu den Modulen Webentwicklung (Webtechnologien und Internettechnologien), Medienforschung (Quantitative und Qualitative Forschung), Webpublishing, Wissensmanagement und Wissenschaftstheorie. Weitere Module werden folgen. Vom 1. bis zum 6. Semester sind alle Studienjahrgänge vertreten, also sind nicht nur die Inhalte, sondern auch das Niveau ganz unterschiedlich. Die harmonische Verbindung von Theorie und Praxis sowie von Lehre und Forschung bringt eine besondere Tiefe in die Vorlesungen und ist für die Studierenden entscheidend, um sowohl national als auch international einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Worauf freuen Sie sich in Ihrer neuen Funktion?  

Auf alles! Studierende, Kolleg*innen, Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und Forschung! Ich freue mich darauf, unser neues Medienlabor zu leiten, mein Know-how in der Studienrichtung Digitale Medien weiterzugeben, die Studierenden dabei zu unterstützen, sich auf dem Gebiet der Digitalisierung und interaktiven Technologien zu verbessern. Ich möchte ihnen aktiv helfen, ihr volles Potenzial zu entfalten. Es erfüllt mich mit tiefer Freude und macht mich stolz, wenn meine Begeisterung und Motivation auf die Studierenden überspringt und sie mit strahlenden Augen auf mich zukommen, um zu sagen "Ich hatte heute wieder so viele Erfolgserlebnisse!" oder "Ich hatte solche Angst vor dem Programmieren, aber Sie haben mir die Angst genommen".

Haben Sie sich für Ihre Professur ein bestimmtes Ziel gesetzt?

Mein Ziel ist es, positiv zum akademischen und beruflichen Erfolg meiner Studierenden beizutragen. Ich möchte sie dazu ermutigen und unterstützen, ihre Leidenschaften zu verfolgen, ihre Fähigkeiten zu erkennen und zu erweitern und sich auf ihrem persönlichen und beruflichen Weg zu verwirklichen und frei zu entfalten. Hierfür möchte ich die Professorin sein, die ich selbst nie hatte: Auf Augenhöhe agieren, Inhalte greifbar vermitteln, alle mitnehmen und mit positiver Lehre motivieren und inspirieren. 

In welchen Bereichen forschen Sie?

In meinem Forschungsbereich beschäftige ich mich mit neuen Ansätzen in der Lehre und Lerntechnologien, Künstlicher Intelligenz (KI), Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit im digitalen Umfeld. Wichtig sind mir technologische Innovationen und Forschungsinhalte, die andere Menschen stärken, wie bspw. im Bereich der psychologischen Gesundheit zum "Imposter-Syndrom" oder im Bereich E-Health eine App zur Brustkrebs-Prävention.

Unser neues Medienlabor wird für die Forschung eine zentrale Rolle spielen, indem es die fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit mit dem ZEEB und die Durchführung vielversprechender gemeinsamer Projekte mit anderen Hochschulen, Universitäten und Unternehmen/Industrie ermöglicht.

Inwiefern können Studierende von Ihrem beruflichen und wissenschaftlichen Know-how profitieren?

Durch meine Tätigkeiten in renommierten internationalen Unternehmen kann ich meinen Studierenden praxisnahe Einblicke und relevante Beispiele aus der Industrie bieten. Diese direkten Verknüpfungen zwischen Theorie und Praxis helfen den Studierenden, ihr Verständnis zu vertiefen und sich besser auf ihre zukünftige berufliche Laufbahn vorzubereiten. Zu meinem Werdegang gehören aber auch eine externe Promotion und Forschungsarbeiten. Ich bringe also ein umfassendes Verständnis für wissenschaftliche Methoden mit und weiß, wie anspruchsvoll es sein kann, gleichzeitig zu studieren und zu arbeiten. Diese Erfahrung befähigt mich dazu, eine unterstützende Atmosphäre im Hörsaal zu schaffen und den individuellen Bedürfnissen der Studierenden im Rahmen meiner Möglichkeiten gerecht zu werden.

Haben Sie einen Tipp für ein erfolgreiches Studium?

Ein wertvoller Ratschlag für ein erfolgreiches Studium ist es, aktiv am Geschehen teilzunehmen und eine ausgewogene Balance zwischen Studium, persönlichen Interessen und Freizeit zu finden. Dabei helfen klare Ziele, strukturiertes Arbeiten und regelmäßige Selbstreflexion, um den eigenen Fortschritt zu überprüfen. Es ist ebenso wichtig, offen für Neues zu sein, aktiv Fragen zu stellen, kritisch zu hinterfragen und auch außerhalb der Vorlesungen kontinuierlich dazuzulernen.

Des Weiteren spielt der Aufbau eines starken Unterstützungsnetzwerks eine entscheidende Rolle, das aus dem Hochschulumfeld, verschiedenen Gremien, der Wirtschaft und gegebenenfalls der Politik besteht. Doch unabhängig davon, ob man solche Unterstützung erhält oder nicht, ist es wichtig, sich selbst treu zu bleiben. Meinungen können sich ändern, aber die eigene Haltung sollte beständig sein.

Im Verlauf sowohl des beruflichen als auch des privaten Lebens wird man zweifellos auf Hindernisse und Herausforderungen stoßen, die einen aus der Bahn werfen können. Doch das Wichtigste ist, nicht aufzugeben, wieder aufzustehen und mit einem Lächeln zu sagen: "Mehr hast du nicht zu bieten, Leben? Ich bin stärker!"

Gibt es etwas, das Sie Ihren Studierenden außerhalb der Lehre mit auf den Weg geben möchten?

Gehen Sie Ihren Leidenschaften nach, bleiben Sie neugierig, entwickeln und bilden Sie sich kontinuierlich weiter. Sammeln Sie neue Erfahrungen, machen Sie Fehler, lernen Sie aus ihnen. Entfalten Sie sich, seien Sie offen und kreativ.

Ich ermutige Sie dazu, sich mit Menschen zu umgeben, die an Sie glauben und Sie unterstützen. Lassen Sie sich von niemanden einreden, dass sie was nicht können. Vertrauen Sie in Ihre Fähigkeiten, engagieren sie sich – im Rahmen Ihrer Möglichkeiten – für soziale und gesellschaftliche Belange und nutzen Sie Ihr Know-how aus dem Studium für positive, nachhaltige, für jeden zugängliche, adaptive (technologische) Veränderungen. Erinnern Sie sich stets an die Worte von Onkel Ben aus Spider-Man: "Mit großer Macht kommt große Verantwortung." Übrigens habe ich eine Schwäche für Science-Fiction-, Thriller- und Actionfilme ;-) 

Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?

In meiner Freizeit verbringe ich gerne viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freund*innen. Die Vielfalt in meinem Umfeld sowie neue Perspektiven und Denkweisen schätze ich besonders. Ich genieße es, in der Natur spazieren zu gehen und zu reisen, da ich es sehr bereichernd finde, neue Kulturen und Mentalitäten kennenzulernen. Außerdem beschäftige ich mich gerne mit nützlichem (aber auch unnützem – das kann ich mir irgendwie besser merken) Wissen und lese gern Fachbücher. Meine Neugier treibt mich dazu, Dinge auszuprobieren, vor denen ich vielleicht Angst habe. Ein Beispiel dafür ist meine Höhenangst, der ich mich zum Trotz beim Paragliding stelle. Fliegen ist schon cool!

Zusätzlich koche ich sehr gerne und genieße es, gutes Essen mit meinen Liebsten zu teilen. Obwohl es nicht wirklich ein "Teilen" ist, sondern eher eine "Fütterung", wie man in unserer Familie scherzhaft sagt. Daher sollte man eine Woche vorher nichts essen, wenn man mich besuchen kommt ;-D

Außerdem liebe ich es, gemütlich meinen Kaffee zu trinken, habe aber auch immer Tee auf meinem Tisch stehen.

Ich engagiere mich stark für Diversität und das Empowerment von Mädchen und Frauen. Früher war ich auch sehr aktiv in der Entwicklungshilfe in unterschiedlichen Ländern für Frauen (u. a. Aidskranke), mittlerweile ist das jedoch eher ein privates, nicht öffentliches Engagement.

Vielen Dank und alles Gute, Frau Prof. Dr. Zeynep Tuncer.