Passende Maßnahmen fürs Beschaffungsmanagement identifizieren

Publikation von Prof. Dr. Andreas Jonen zu Beschaffungsportfolios

Vorträge auf Konferenzen, Fachbeiträge, Editorial Board in der Mannheimer Schriftenreihe, Gremienarbeit in der Anrechnungskommission Betriebswirtschaftslehre, etc.: Seit Prof. Dr. Andreas Jonen seine Professur an der DHBW Mannheim 2016 angetreten hat, hat er nicht nur einen dicht gefüllten Vorlesungskalender in der Studienrichtung Accounting & Controlling und setzt sich für die wissenschaftlichen Belange an der DHBW ein, er ist auch mit seiner Forschungstätigkeit national und international kontinuierlich vertreten. Seine Schwerpunkte liegen dabei im Beschaffungscontrolling sowie  in der Integration der Nachhaltigkeit in das Controlling. Nun hat er im Springer-Verlag Wiesbaden ein neues und – gemäß der DHBW-Philosophie – sehr praxisrelevantes Werk veröffentlicht: "Beschaffungsportfolios: Überblick – Bewertung – Referenzmodell". Der deutschsprachige Markt für Publikationen rund um Beschaffungscontrolling ist bereits dünn gesät, für das noch spezifischere Thema Beschaffungsportfolios existiert aktuell sogar noch kein umfassendes Werk im Stil des neu erschienenen Buchs. Diese Lücke ist momentan auch für das englischsprachige Gebiet zu konstatieren. Dabei hat die Beschaffung in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Prof. Jonens Publikation ist die erste, die sich so umfangreich mit den Portfolios für die Beschaffung auseinandersetzt und hierfür eine Strukturierungsform anbietet.

Im Interview berichtet Prof. Jonen, was ihn dazu bewogen hat, sich so intensiv mit Beschaffungsportfolios zu beschäftigen, und warum Unternehmen und Studierende von den Erkenntnissen in der Publikation profitieren.

Herr Prof. Dr. Jonen, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer jüngsten Publikation zu Beschaffungsportfolios. Was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Vielen Dank! In der Betriebswirtschaftslehre existieren für das strategische Management (z. B. BCG-Matrix) und das Marketing seit vielen Jahrzehnten eine Reihe von viel zitierten und intensiv verwendeten Portfolios. Diese sollen zum einen dabei helfen, die eigene strategische Position zu identifizieren und auf Basis von sogenannten Normstrategien Wege der Verbesserung dieser Position zu finden. Im Standard-Fall besteht ein Portfolio aus zwei Dimensionen, welche üblicherweise interne und externe Faktoren abbilden. Im Beschaffungsbereich setzen sich die Portfolios damit auseinander, wie die Situation und Verbesserungspotentiale in Bezug auf gesamte Beschaffungsmärkte, ausgewählte Lieferanten oder auch die Beschaffungsobjekte sind.

Was hat Sie dazu motiviert, sich mit den Portfolios im Beschaffungsbereich auseinanderzusetzen?

Das Controlling als meine Heimatdisziplin hat von jeher einen sehr intensiven instrumentellen Fokus. Portfolios haben im Spektrum der Instrumente schon immer eine wichtige Position eingenommen. Aufgrund der sinkenden Fertigungstiefe, also einer verstärkten Auslagerung von Produktionsschritten, und eines damit einhergehenden höheren Anteils der Materialkosten ist die Beschaffung in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Folgerichtig sind für diesen Funktionsbereich eine Reihe von Portfolios entwickelt worden. Mittlerweile ist die Anzahl so hoch, dass man Schwierigkeiten hat, in dem Dickicht das passende Portfolio bzw. die passenden Portfolios zu finden. Es gibt allgemeine Portfolios mit differierenden eingehenden Faktoren und eine Reihe von Spezialportfolios, beispielsweise für die Gebiete Digitalisierung oder Nachhaltigkeit. Diese Konfusion mit Blick auf die Auswahl von Beschaffungsportfolios gilt sowohl aus Perspektive der Praxis, als auch für die Selektion relevanter Portfolios in der Lehre.

Welchen Nutzen kann die Praxis aus der Analyse der Beschaffungsportfolios ziehen?

Der Nutzen von Beschaffungsportfolios ist dreigeteilt. Zunächst können über das in der Publikation vorgestellte Referenzmodell eine Auswahl bzw. Eingrenzung der relevanten Beschaffungsportfolios für die konkrete Situation und die daraus abgeleiteten Ansprüche erfolgen. Beispielsweise erhält ein Unternehmen bei den Auswahlkriterien Zielsetzung: "generell", Beurteilungsziel: "Lieferanten", Datenlage: "umfangreich" sowie Maßnahmendefinition: "ausdifferenziert" eine Eingrenzung der relevanten Portfolios auf das Lieferanten-Abnehmer-Marktmacht-Portfolio und mit Einschränkungen das Beschaffungsquellenportfolio. In einem weiteren Schritt bietet das Buch erstmalig in Form eines Kompendiums einen strukturierten Überblick über alle wesentlichen Beschaffungsportfolios. Abschließend helfen die Hinweise zur Überwindung der Kritik an den Portfolios, wesentliche Fehler in der Anwendung zu vermeiden bzw. zu reduzieren.

In wieweit gehen die Erkenntnisse in die Lehre ein?

Die Ergebnisse des Buches geben eine wesentliche Grundlage, um einen Überblick über die Beschaffungsportfolios an die Studierenden zu vermitteln. Erstmalig kann auf Basis des Referenzmodells aufgezeigt werden, welche Ausgestaltungsoptionen grundsätzlich existieren und wie häufig deren Anwendung vor dem Kontext der wesentlichen Beschaffungsportfolios ist. Dies ermöglicht eine systematische Auswahl der in die Vorlesung eingehenden Portfolios. Darüber hinaus kann differenziert nach der Kritik an den allgemeinen und den beschaffungsspezifischen Portfolios aufgezeigt werden, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Portfolios sachgerecht anwenden zu können.

Vielen Dank und alles Gute, Herr Prof. Dr. Jonen!