Erfolgreiche Promotion zu Social Entrepreneurship

Dr. Lilli Leirich erforscht, was sie verkörpert

Promotion und Gründung? Nein, das war nicht schon immer ihr Ziel. Doch heute schlägt Dr. Lilli Leirichs Herz für ihre Forschung und die Startup-Szene. Sie selbst ist sogenanntes Arbeiterkind, dessen Eltern als Russland-Deutsche alles haben stehen und liegen lassen, um heimzukehren und ihren Kindern in Deutschland eine bessere Zukunft zu bieten. Das BWL-Studium und anschließende VWL-Masterstudium waren okay, aber die Modelle, die ihr in der neoklassischen Wirtschaftstheorie begegneten, empfand Dr. Leirich als zu begrenzt. Also machte sie sich auf die Suche nach alternativen Modellen – nach solchen, die einen Systemwandel erklären und begründen können. Eines, das sie überzeugte: Social Entrepreneurship, in dessen Zentrum mutige, kreative Menschen stehen, die sich mit ihren eigenen Unternehmen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen.

„So kann es da draußen nicht weitergehen.“

„Ein Systemwandel ist nötig, klappt aber offenkundig nicht auf freiwilliger Basis, es sind dringend neue Gesetze erforderlich. Denn während viele konventionelle Unternehmen nicht auf allen Ebenen verantwortungsbewusst handeln, wird es Sozialunternehmen sehr schwer gemacht“, so Dr. Leirich. „Unternehmen, die sich ganzheitlich für ökologische oder gesellschaftliche Themen einsetzen, müssen stärker gesehen, geschätzt und unterstützt werden, um auch als For-Profit-Projekt bestehen zu können. Es muss zur Normalität werden, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und gleichermaßen gesellschaftliche Verbesserungen in der Welt zu bewirken.“ Mit dieser Erkenntnis bewarb sich Dr. Leirich 2017 für die Standortleitung des DHBW-Projekts DHPRENEUR, um im Team mit Adrian Yass und Prof. Dr. Armin Pfannenschwarz die Gründungskultur in Baden-Württemberg aktiv zu fördern. Parallel dazu entschied sie sich zu ihrer Promotion an der Universität Trier. Das Thema: „Das Entscheidungsverhalten von Social Entrepreneurship unterstützenden Organisationen bei der Auswahl von Social Ventures – Eine Untersuchung der Unterstützungslandschaft für Social Entrepreneurship im DACH-Raum“. Dabei ging sie u. a. den Fragen nach, welche Akteur*innen Social Entrepreneurship fördern, auf welche Art und warum sie dies tun sowie welche Sozialunternehmen gefördert werden. Betreut wurde sie von Prof. Dr. Jörn Henrich Block, Professor für Unternehmensführung, unterstützt von ihren Eltern und von Carsten Huber, mit dem Dr. Leirich 2018 die Projektentwicklungsgesellschaft soculent gründete und seither als Expertin für Intrapreneurship soziale und kulturelle Innovationen vorantreibt. Basis ihrer täglichen Arbeit ist das Zusammenspiel aus Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft. Bisher haben ihr Mitgründer und sie das Mannheimer Gründungszentrum für Social Entrepreneurship S-HUB Mannheim sowie das digitalisierte Proberaum-Sharing NOX – Euer Proberaum umgesetzt.

Ein Beispiel für Intrapreneurship auf allen Ebenen

„Ob bei DHPRENEUR oder soculent, für meine praktische Tätigkeit war die Forschungstätigkeit sehr hilfreich und wertvoll. Einerseits konnte ich Erkenntnisse direkt an Startups weitergeben, andererseits brachte mich die Promotion in meinem Vorhaben voran, in verschiedenen Sektoren Gehör zu finden, um einen Systemwandel voranzutreiben“, berichtet Dr. Leirich. „Es hat mich persönlich sehr bereichert, mich so intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Aber ich wollte es auch unbedingt. Mir hat mal ein Professor gesagt, eine Promotion sei ein Unterwassergehen – das hat mich in stockenden Phasen eher noch zum zielgerichteten Durchziehen motiviert.“ Doch wie war es organisatorisch möglich, die drei Aufgabenbereiche miteinander zu vereinbaren? „Was ich die letzten Jahre gelebt habe, war eine Work-Life-Integration. So entstammen viele meiner Freundschaften meinem beruflichen Umfeld. Außerdem haben es mir meine flexiblen Arbeitszeiten bei DHPRENEUR ermöglicht, dann zu arbeiten, wenn ich mich gut konzentrieren konnte. Auch Tapetenwechsel (Remote-Work) sind für mich die Regel. Das inspiriert. An der DHBW Mannheim kann ich Intrapreneurship leben. Ich darf meine eigenen Ideen entwickeln und umsetzen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass sich aus der Zusammenarbeit in den unterschiedlichen Projekten Synergien ergeben, die zu einer unheimlichen Eigendynamik geführt haben.“  

Der Druck ist weg, und jetzt?  

Mit der erfolgreichen Promotion stellt sich nun etwas Erleichterung ein, aber Dr. Leirichs nächste Projekte warten bereits: Neben ihrer Selbstständigkeit und der geplanten Fortführung von DHPRENEUR, wird ein Schwerpunkt das 2019 initiierte S-Hub Accelerator Programm sein – ein Programm unter DHPRENEUR, das Unternehmen mit sozialem Kern bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle begleitet. Dieses soll mit dem S-HUB Mannheim und zwei weiteren Meta-Akteuren der sogenannten SocEnt-Szene in Baden-Württemberg zu einem Landes-Acceleratorprogramm für soziale Innovationen ausgebaut werden. Eine Tendenz, die Dr. Leirich positiv stimmt und in ihrem Ansatz von 2017 bestätigt: „Ich beobachte nicht nur einen neuen Zeitgeist, sondern auch ein neues Macher*innentum: Sowohl im Non- als auch im For-Profit-Bereich zeigt sich das Verständnis um die nötige Hybridität von Organisationen, finanzielle und gesellschaftliche Nachhaltigkeit zu realisieren. Da rödeln natürlich die meisten gerade und das wird noch eine Weile so bleiben, denn wir haben es mit komplexen Gegebenheiten zu tun. Aber (und nur) zusammen und Schritt für Schritt kriegen wir das hin.“