BWL - Messe-, Kongress- und Eventmanagement

Trotz Corona eine gute Studienwahl

Mitten im zweiten Lockdown, nach einem Jahr, in dem die Veranstaltungsbranche – mit einst 130 Milliarden Euro Umsatz und über 1 Million Beschäftigten der sechstgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands – auf Sparflamme läuft, ist es nicht so leicht, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Egal ob Messen, Kongresse oder Konzerte, ob in der Kultur oder im Sport – seit März 2020 hangelt sich die sehr heterogene Branche von Online- zu Hybridveranstaltung und wieder zurück, mal mit mal ohne Zuschauer – Kontinuität nicht in Sicht. Da die DHBW Mannheim durch ihre enge Zusammenarbeit mit den Dualen Partnern stark an die Wirtschaft gekoppelt ist, verwundert es nicht, dass auch im Studiengang BWL - Messe-, Kongress- und Eventmanagement die Folgen zu spüren sind. Einige Studierende befinden sich in Kurzarbeit, andere bauen in den Praxisphasen ihre Kenntnisse rund um digitale Veranstaltungsformate aus, die Zahl der Erstsemesterstudierenden ist leicht gesunken. Hr. Prof. Dr. Michael Dinkel sieht trotzdem viel Positives – vor allem langfristig. 

Herr Prof. Dinkel, Sie sind seit 12 Jahren Studiengangsleiter in BWL - Messe-, Kongress- und Eventmanagement an der DHBW Mannheim, seit mehr als 25 Jahren in der Veranstaltungsbranche tätig – Sie kennen diese und ihre Trends sehr genau. Dass die akute Situation der Branche zu schaffen macht, ist klar. Aber könnten Sie ein etwas differenzierteres Bild vom Ist-Zustand geben?

Es ist wirklich schwierig, über die Branche zu sprechen, da sie so viele unterschiedliche Bereiche abdeckt, und jeder dieser Bereiche anders von der Corona-Krise beeinflusst wird. Es gibt den Sport, der im Profi-Bereich wie Fußball oder Handball weiterlaufen kann, aber ohne Zuschauer*innen, die Bühnenbauer und Festivalveranstalter haben – bis auf Ladenbau oder den Support der Impfzentren – zurückgefahren, weil es keine Präsenzveranstaltungen gibt, die Städte, Kulturämter oder Sportämter haben zum Teil viel zu tun, um Sportvereine oder Kulturschaffenden zu unterstützen. Und auch der Branchenaustausch selbst ist dieses Jahr anders. Normalerweise trifft man sich auf Messen oder Kongressen, hält hier und da Gespräche und kriegt aus erster Hand Einblick in das, was gut oder schlecht läuft. Auch bei uns ist es nicht Standard, sich online auszutauschen – da geht einiges an Info verloren. Generell lässt sich sagen, dass die Veranstaltungsbranche eine Live-Branche ist, sie lebt vom Multisensualen. Natürlich ist man froh über digitale Alternativen, aber online fehlen einfach gewisse Reizebenen. Veranstaltungen mit allen Sinnen erleben, mit anderen zusammenkommen, eine eigene Art von Verbundenheit und Nähe – das ist etwas, was den Menschen als soziale Wesen sehr fehlt. Und ich bin mir sicher, dass diese Dinge – sobald es möglich ist – wieder aufblühen werden. Niemand wird Onkel Peters 60. Geburtstag online feiern. Konzerte werden wieder live stattfinden, man wird den Bass spüren, das abgestandene Bier trinken, die dicke Luft riechen und Teil einer Gruppe sein. Das sind Momente, die einen emotional berühren, zu Identifikation führen und in Erinnerung bleiben. Daher waren die Menschen auch vor Corona bereit, Geld für Konzerte auszugeben, obwohl sie zuhause ein Surround-Sound-System und riesige Monitore stehen hatten.

Bis dahin wird vermutlich noch einiges an Zeit vergehen.

Ja, das ist richtig und man kann überhaupt nicht planen. Es gibt einige Unternehmen, die diese lange Durststrecke nicht überstehen werden. Nicht nur, dass viele keine Einnahmen haben, sie haben parallel dazu auch laufende Kosten wie Büros, Lagerkapazitäten, Leasingkosten, etc.

Obwohl die Veranstaltungsbranche heterogen ist, ist ein gemeinsamer Nenner, dass ihre Akteur*innen oftmals kreativ und darin geschult sind, spontan auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Wie sieht es bei den aktuellen Studierenden aus? Kann man sagen, dass sie etwas aus dieser Situation lernen?

Allerdings. Die Details ihrer Corona-Lektion hängen zwar stark von dem Partnerunternehmen ab, in dem sie angestellt sind, aber es gilt für alle gleichermaßen – auch für ihre Vorgesetzten – in der Krise lernt man mehr als in einer Normalsituation. Die Studierenden erleben hautnah, was es heißt, in einem Wirtschaftsunternehmen tätig zu sein und können mit eigenen Ideen dabei helfen, es durch die Krise zu manövrieren. Zusammenhalten, Problemlösungen liefern, neue Konzepte entwickeln, immer up tu date und flexibel sein: Das alles gehört dazu. Wenn ich mir allein die Hygienevorschriften bzw. -auflagen anschaue, die sich dauernd ändern …

Haben Sie auch Anpassungen in den Studieninhalten vorgenommen?

Durch die Akkreditierung unserer Studiengänge ist das so kurzfristig nicht machbar. Aber wir haben z. B. Vorlesungen zu Hygienekonzepten in das Modul „Sicherheit“ integriert. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Thema auch bleibt bzw. im Veranstaltungsmanagement zur neuen Normalität dazugehören wird. Und außerdem muss man sagen, dass die Inhalte, die wie lehren, schon sehr modern und für alle Veranstaltungsformate anwendbar sind. Ob die Veranstaltung live oder digital stattfindet, die Inszenierungstools bleiben die gleichen, ich habe immer eine Eventdramaturgie.

Sie sehen unsere Studierenden also gut gerüstet für die Zukunft?

Ja, und ich glaube, dass zukünftig noch mehr Personal für die Eventbranche gebraucht wird. Man wird es benötigen, um z. B. Hygienerichtlinien einzuhalten, und man wird mehr kompetente Fach- und Führungskräfte in den Leitungen brauchen, die neue (Zugangs)Konzepte entwickeln, die an aktuelle Gegebenheiten gebunden sind. Alleine die Planung von Wegleitsystemen, Zugängen und auch Hygienekonzepten benötigt geschultes Personal – und ich gehe davon aus, dass man das ein oder andere auch zukünftig bei der Veranstaltungsplanung berücksichtigen muss.

Dass man sich in der Branche für neue Konzepte öffnen muss und die Anforderungen an das Projektmanagement bei Veranstaltern steigen werden, erahnt man, wenn man sich den Beitrag des Rhein-Neckar-Fernsehens zum Test-Event „SAFE – SimulAtion Für die Eventbranche“ anschaut, bei dem auch die DHBW Mannheim beteiligt war.

Bei dem Testevent im Mannheimer Rosengarten wollten die Partner um die m:con – mannheim:congress GmbH ein Zeichen setzen und eine Lösung finden, wie Veranstaltungen unter Pandemiebedingungen sicher stattfinden können – in der Hoffnung, dass diese Erkenntnisse auch in Öffnungsstrategien mit einbezogen werden. Für unsere Studierenden hatte die Teilnahme an dem Projekt einen Mehrwert auf vielen Ebenen. Einerseits haben mein Kollege Prof. Dr. Carsten Schröer und ich Fragebögen entwickelt, die die 300 freiwilligen Teilnehmer*innen nach dem Testevent ausfüllen sollten, die wir nach dem Event ausgewertet haben und die Ergebnisse nun in die Gesamtdokumentation mit einbringen. Andererseits wird durch die Teilnahme unserer Studierenden an dem Event erst die Dimension des Events deutlich: Auf organisatorischer Ebene in Zusammenarbeit mit den vielen Gewerken, aber auch am eigenen Körper. Unsere Studierenden haben sich auch als Probanden für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt, haben mehrere Covid-Tests durchlaufen, das Konzert mit FFP2-Maske angeschaut – nur wer das alles mal selbst erlebt hat, hat die nötige Erfahrung, um überhaupt die Perspektive wechseln zu können und für andere ein funktionierendes Event auf die Beine zu stellen.